„Beide Ohren bei den Anliegen der Bürger“ RP 08.09.2020

FDP-Bürgermeisterkandidat Rainer Mull vor dem Stadthaus. Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )

Rheinberger Bürgermeisterkandidaten: Der FDP-Bewerber wirbt für das Konzept einer „Kräuterstadt am Rhein“. Die FDP finde es schlüssig, sich wegen der Marke Underberg an das Kräuterthema anzulehnen und dies als Alleinstellungsmerkmal auszubauen.

Es wird davon gesprochen, dass es an einer Vision, einer übergeordneten Idee, einem zukunftsorientierten Konzept für Rheinberg und allen Stadtteilen fehlt. Wie sieht Ihre Vorstellung einer solchen Vision aus?

Rainer Mull Wir möchten Rheinberg zur „Kräuterstadt am Rhein“ machen. Die Marke Underberg ist weltweit bekannt. Wir finden es schlüssig, uns an das Kräuterthema anzulehnen und dies als Alleinstellungsmerkmal auszubauen. Kräuter sind ein nachhaltiges, ökologisches und frisches Thema. Sie stehen für Gesundheit und Genuss. Wir denken, dass sich alle Stadtteile, alle Gewerbetreibenden und Gastronomen in Rheinberg unter diesem Markennamen etwas vorstellen und das Thema nach eigener Fasson ausbauen können. Wir denken an Kräuterlehrpfade etwa auf dem Orsoyer Deich, Wildkräuterareale im Stadtpark, einen Kräutermarkt. Der „Kräuterturm“ prägt bereits das Stadtbild und könnte durch Begrünung zum Wahrzeichen werden. Historische Plätze und kulturelle Anlässe lassen sich gut mit dem Kräuterthema verbinden. Dieses Projekt bearbeiten wir seit über einem Jahr. Bewusst haben wir es im Wahlkampf nur am Rande erwähnt, um es in der aktuellen Debatte nicht zu verbrennen. Der Stadt eine Identität zu geben und eine Tradition für unsere kommenden Generationen zu begründen, erfordert breiten Konsens aller Rheinberger, unabhängig von Partei-, Vereins- oder Kirchenzugehörigkeit.

Info

Fraktionsvorsitzender im Kreistag

Vita 51 Jahre alt, stammt aus Clausthal-Zellerfeld, zwei Kinder, Diplom-Ingenieur mit Fachgebiet Steine und Erden. FDP-Mitglied seit 2006. Vorsitzender der FDP/VWG-Kreistagsfraktion, Mitglied der RVR-Vollversammlung.

Was würden Sie als erstes in Rheinberg ändern, wenn Sie zum Bürgermeister gewählt würden?

Mull Ich würde, wie ein neuer Fußballtrainer, meine Mannschaft für meine Mission begeistern. Das bedeutet: Dienstleistungs- und Serviceorientierung, beide Ohren bei den Anliegen der Bürger, Mut und Lust auf Neues. Wir dienen den Bürgern, nicht umgekehrt. Die Mitarbeiter und alle Rheinberger sollen durch die zügige Einführung digitaler Angebote entlastet werden.

Wie wollen Sie als Bürgermeister die Verwaltung effektiver gestalten?

Mull Die FDP ist die einzige Fraktion im Bundestag, die vollständig papierlos arbeitet. Daran orientieren wir uns: Wir stehen für Digitalisierung, schlanke Strukturen, gute Vernetzung, effiziente Kommunikation, Erreichbarkeit ohne Bindung an Öffnungszeiten, oder, wie wir es nennen: Verwaltung 4.0. Nicht besetzte Stellen müssen zügig nachbesetzt werden. An einigen Stelle braucht es zusätzliche Mitarbeiter.

Sie stellen die Digitalisierung in Schulen und Verwaltung ganz vorne an. Warum ist das so wichtig?

Mull Arbeit und Lernen musste durch Corona plötzlich zu Hause stattfinden. Hier zeigte sich, wie schlecht wir im internationalen Vergleich dastehen. Die Zukunft unserer Kinder wird zunehmend digital sein. Es ist fahrlässig, sie darauf nicht bestmöglich vorzubereiten. Wir brauchen einen zeitgemäßen Breitbandausbau und eine gute Ausstattung mit Endgeräten.

Wie wollen Sie dem zunehmenden Leerstand von Geschäften in der Stadt entgegenwirken?

Mull Wir setzen unter anderem auf das Konzept der „Pop up Stores“. Hier können Startups und Jungunternehmer ihre Geschäftsidee in leerstehenden Geschäften für eine befristete Zeit „aufpoppen“ lassen und erproben, ob ihre Idee funktioniert. Es können entsprechende Fördertöpfe abgerufen werden. Bei gutem Erfolg kann dann ein langfristiger Mietvertrag zu Stande kommen. Auch Co-Working-Spaces sind eine Möglichkeit, Soloselbständigen, Freelancern und Künstlern einen Arbeitsplatz im Leerstand einzurichten. Außerdem bauen wir auf das Kräuterstadt-Konzept.

Braucht Rheinberg einen Stadtentwickler oder City-Manager?

Mull Unbedingt brauchen wir einen Stadtentwickler! Denn, wie wir alle gesehen haben, sind Stadtverwalter keine Stadtgestalter. Die FDP plädiert seit Jahren für den Posten eines professionellen Stadtentwicklers, der Rheinberg mit allen Stadtteilen hinsichtlich touristischer, landschaftsarchitektonischer und stadtplanerisch sinnvoller Maßnahmen zusammenführt und weiterentwickelt. Leider wurden unsere Anträge bisher abgelehnt.

Wie stehen Sie zur Gestaltung der Einfallstore in die Innenstadt? Wie soll es mit dem Areal „ehemals Hotel Rheintor“ weitergehen?

Mull Unsere provokative Idee, auf dem ehemaligen Hotelareal einen Wohnmobilstandort zu etablieren, soll den Blick über den Tellerrand ermöglichen. Eine weitere Bauruine verträgt Rheinberg nicht. Hier, wie auch für die Einfallstore, stehen wir kreativen und originellen Ideen aufgeschlossen gegenüber und sind bereit, Investoren mit attraktiven Angeboten Steine aus dem Weg zu räumen.

Wie sehen Ihre Vorstellungen zur Weiterentwicklung der Stadt- und Ortsteile aus?

Mull Alle Rheinberger Ortsteile haben ihren eigenen Charme und ihre eigenen Stärken. Als Bindeglied bietet sich an, die „Kräuterstadt“ in allen Stadtteilen zur Attraktion zu machen und mit gut ausgebauten Radwegen und entsprechender Infrastruktur zu stärken. Außerdem sehen wir hier wiederum die Notwendigkeit einer koordinierenden Stelle bei der Stadt, die auch Gemeindefeste und Märkte abstimmt. Die Ortsteile sollten sich nicht gegenseitig das Wasser abgraben.

Wie stehen zum Thema Auskiesung?

Mull Wir sehen das kritisch, aber sachlich: Kies ist quasi der Bodenschatz unserer Region. Eine rein emotionale Ablehnungskultur hilft nicht weiter. Das verhindert die Chancen, zukünftig für Rheinberg auch Gutes zu erreichen. Werden Auskiesungsflächen im Stadtgebiet ausgewiesen, so muss für Rheinberg ein bestmögliches Resultat dabei herauskommen. Positive Beispiele der Nachnutzung und Renaturierung gibt es reichlich: Flächen mit enormem Freizeitwert wie die Xantener Südsee oder Naturschutzgebiete wie auf der Bislicher Insel. Als Partei für innovative Nachhaltigkeit denken wir zudem an alternative Energien, z.B. Solaranlagen auf dem Wasser.

Sorgen Sie sich um die schlechte Haushaltslage durch Corona?

Mull Ja, natürlich. Schon vor Corona waren wir unter den bisherigen Bürgermeistern in einer angespannten Haushaltslage. Im Augenblick stehen Hilfen von Land und Bund zwar im Raum. Aber letztlich muss mehr Gewerbe in die Lehrstände einziehen. Die Gewerbesteuer macht ungefähr die Hälfte der Einnahmen der Stadt aus. Hier die Basis zu stärken und Leben in die Stadt zu bringen, muss das oberste Ziel sein und gibt uns endlich finanziellen Handlungsspielraum. Eine Stadt, die ihre Gewerbetreibenden vor den Kopf stößt und vertreibt, anstatt sie zu unterstützen, stirbt.

Warum sollten die Rheinberger Sie zum Bürgermeister wählen?

Mull Weil ich komplexe Themen komplex im Blick habe, Umweltschutz mit Wirtschaftlichkeit vereinen kann und dafür stehe, den Bürgern Steine aus dem Weg zu räumen, statt sie immer weiter zu behindern. Ich bin gut vernetzt und politisch sehr erfahren. Mein kompetentes und starkes Team hat am Anfang des Wahlkampfes scherzhaft gesagt „Rainer muss es ja machen!“ – und das sehe ich auch so.

Von Uwe Plien

 

 

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