Zusage an Bauern – Politiker wollen Kies-Abbau bremsen RP vom 21.04.2022

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion (v.l.): Sascha van Beek (CDU), Franca Cerutti (FDP), Niklas Graf (Grüne), René Schneider (SPD) und Moderator Detlef Steinert. Eingeladen hatte die Kreisbauernschaft Wesel. Foto: Armin Fischer (arfi)

Vor der Landtagswahl im Mai wollten Landwirte aus dem Kreis Wesel wissen, was CDU, SPD, Grüne und FDP in den nächsten Jahren vorhaben. Die Kandidaten versprachen, dass sie sich für Änderungen beim Kies-Abbau einsetzen.

Es geht langsam aufs Ende zu. Knapp zwei Stunden lang haben Bauern und Politiker an diesem Mittwochabend im Xantener Schützenhaus über Flächenverbrauch, Wolf, Versorgungssicherheit und die Kernaufgabe der Landwirtschaft diskutiert. Die Kreisbauernschaft Wesel hatte dazu die Landtagskandidaten von CDU, FDP, Grünen und SPD eingeladen, und trotz vieler Meinungsverschiedenheiten ist die Debatte bisher ruhig verlaufen. Aber dann geht es um den Kies-Abbau, und Streit bricht aus.

Ein Landwirt steht auf und sagt, dass er von den geplanten weiteren Auskiesungen betroffen sei. Dafür macht er CDU und FDP verantwortlich, und deshalb könne er sie nicht mehr wählen, sagt der Mann. Der Alpener Christdemokrat Sascha van Beek widerspricht vehement und gibt dagegen vor allem der SPD die Schuld an einer „jahrzehntelangen kiesfreundlichen Politik“. Der CDU-Landtagskandidat räumt zwar ein, dass die aktuelle schwarz-gelbe Regierung den Versorgungszeitraum für die Kies-Industrie von 20 auf 25 Jahre verlängert habe. Aber entscheidender sei gewesen, wie die Vorgängerregierung die Bedarfsermittlung geregelt habe – sie basiert auf den abgebauten Mengen. Damit sei den Abbau-Firmen „ein Freifahrtschein“ ausgestellt worden, sagt van Beek. „Das hat Rot-Grün gemacht.“

Es entwickelt sich ein Zwiegespräch zwischen dem Landwirt und dem CDU-Politiker. Moderator Detlef Steinert, Chefredakteur der Landwirtschaftlichen Zeitschrift Rheinland (LZ), geht dazwischen. Die Diskussion, wer den Schwarzen Peter haben soll, will er nicht weiter eskalieren lassen, sondern den Blick nach vorn lenken. „Ich nehme jetzt alle vier in die Pflicht, weil das ein Thema ist, das für große Wallungen sorgt. Das ist ein Indiz dafür, dass man noch einmal ran muss.“ Also fragt er alle vier Teilnehmer der Podiumsdiskussion: „Gehen Sie in der nächsten Landesregierung ran?“

Zuerst darf die FDP-Landtagskandidatin Franca Cerutti antworten. „Ich gehe ran.“ Als Beleg erinnert sie an den Wunsch der Liberalen, aus dem Regionalverband Ruhr (RVR) auszutreten – er setzt den Landesentwicklungsplan um und hat dafür einen Regionalplanentwurf vorgelegt, der im Kreis Wesel Kies-Abbau auf weiteren rund 1100 Hektar vorsieht. Dagegen protestieren Bürgerinitiativen, Kommunen und Parteien. Auch die CDU war deshalb für den RVR-Austritt. Aber im Kreistag kam nicht die erforderliche Mehrheit zustande. Vor allem die SPD war dagegen.

Ihr Kandidat im hiesigen Wahlkreis, der Landtagsabgeordnete René Schneider, antwortet nach Cerutti auf Steinerts Frage – und reagiert erst einmal auf die Aussagen seines CDU-Kontrahenten. „Ich kann es, ehrlich gesagt, nicht mehr hören“, klagt Schneider – es ist nicht das erste Mal, dass er mit den Christdemokraten über dieses Thema streitet. Es dürfte auch nicht das letzte Mal gewesen sein.

Die rot-grüne Landesregierung habe überhaupt erst eine Bedarfsermittlung „nach objektiven Kriterien“ eingeführt, vorher habe die Kies-Industrie einfach ihre Wünsche äußern können, sagt der Sozialdemokrat. Van Beek will dazwischen gehen, aber Schneider redet weiter. Er wirft der FDP vor, dass deren Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart über einen Ausstieg aus dem Kies-Abbau bis 2030 gar nicht nachdenken wolle.

Schließlich wirbt Schneider für seinen bekannten Vorschlag, mit Recycling, Rohstoff-Alternativen, Umbau statt Neubau von Gebäuden und Sparsamkeit beim Ressourcenverbrauch aus dem Kies-Abbau auszusteigen. „Ein Ausstieg ist die einzige Möglichkeit, wie wir die Flächen für die Landwirtschaft sichern können.“ Die CDU sage dagegen nur, was die SPD in der Vergangenheit beschlossen habe, sagt Schneider und attackiert direkt van Beek, der prompt antwortet – auf dem Podium entsteht ein Durcheinander. Steinert will wieder dazwischen, aber es gelingt ihm erst nach mehreren Versuchen: „Lassen Sie uns konstruktiv bleiben.“

Letztlich bricht er die weitere Diskussion über den Kies-Abbau ab und fasst die zwei Stunden zusammen. Es gehe um die Zukunft der Landwirte im Kreis Wesel und am Niederrhein. „Ich habe Sie alle so verstanden, dass Sie diese Zukunft sichern wollen, weil sie alle gesagt haben, dass Sie die regionale Landwirtschaft erhalten wollen.“

Das gehe aber nur, wenn die Landwirte Flächen hätten, auf denen sie auch wirtschaften können. Zur Bestätigung fragt er die vier Politiker deshalb noch einmal – er formuliert es als Aussage. Alle wollten sich – „egal in welcher Konstellation“ – für Änderungen beim Kies-Abbau einsetzen – „wie auch immer das konkret aussehen wird“.

Jetzt ergreift auch Niklas Graf von den Grünen das Wort zu diesem Thema – er vertritt an diesem Abend den Landtagskandidaten Niels Awater. Graf erklärt, wie wichtig das Thema seiner Partei ist, vor allem spricht er vom Recycling. Steinert lässt ihn ausreden, dann zieht er einen Schlussstrich und wendet sich wieder an alle: „Okay, das konstruktive Versprechen habe ich Ihnen abnehmen können.“ Widerspruch kommt nicht.

Info Vor der Landtagswahl gibt es noch eine Podiumsdiskussion mit den Kandidaten René Schneider (MdL, SPD), Sascha van Beek (CDU), Franca Cerrutti (FDP), Niels Awater (Bündnis 90/Grüne), Manuela Bechert (Die Linke) und Renan Cengiz (Die Partei). Am Donnerstag, 28. April, erklären sie im Hotel van Bebber, Klever Straße in Xanten, ihre Positionen. Es beginnt um 19 Uhr. Anmeldungen sind per E-Mail an sandra.mueller-gruene@volksbank-niederrhein.de möglich.

Von Markus Werning

 

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