Der Mann, der immer gut schläft RP 14.09.2021

Bernd Reuther, hier auf dem Großen Markt in Wesel, wird wohl wieder in den Bundestag einziehen. Foto: Fritz Schubert

Der Bundestagsabgeordnete Bernd Reuther aus Wesel tritt wieder im Wahlkreis Wesel I für die Liberalen an.
Weil die FDP in den Umfragen so gut dasteht, dürfte der 50-Jährige über die Landesliste erneut ins Parlament einziehen.
Ein Porträt

Leichte Sommerhose, legeres Polo-Hemd, Turnschuhe und das Nötigste in den Hosentaschen: Ebenso betont wie gewohnt lässig kommt Bernd Reuther zum Gespräch mit unserer Redaktion. Nach dem aktuellen Befinden befragt, kommt prompt die erwartete Antwort. „Ich schlafe gut“, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete aus Wesel und schiebt sofort hinterher: „Aber ich schlafe eigentlich immer ganz gut.“ Mitbewerbern im Umfrage-Tief mag es anders gehen. Reuther hat keinen Grund, an seinem Wiedereinzug in den Bundestag zu zweifeln.

Wieder steht der aus einer alteingesessen Weseler Familie stammende Reuther auf Platz 13 der FDP-Landesliste. Sechs bis sieben Prozent dürften ihm reichen, um zum zweiten Mal nach Berlin zu kommen. Da die Liberalen nun recht stabil zwischen elf und 13 Prozent  liegen, ist sein entspannter Schlaf verständlich. Aber die Werte lassen ihn natürlich nicht gänzlich ruhen. Im Gegenteil. Reuther ist umtriebig, arbeitet mit Fachleuten seiner Partei links und rechts des Rheins einen Termin nach dem anderen ab, hat es als Einziger im derzeitigen Bundestagswahlkampf geschafft, in Christian Lindner einen echten Spitzenkandidaten in den Kreis Wesel zu holen. Außerdem nimmt er für sich in Anspruch, sich auch in der gesamte Legislaturperiode intensiv um seinen Wahlkreis gekümmert zu haben.

Waldbauern und Landwirten hört er ebenso zu wie Pfadfindern und IT-Unternehmern, Gastronomen und Vertretern karitativer Einrichtungen, Betreibern von Fitness-Studios  oder Handwerkern. „Man lernt immer was dazu“, sagt Reuther. So hat er sich jetzt erstmals mit Ferkelkastration befassen müssen. Am Tag darauf war er zum Kontrast bei einem weltweit tätigen Exporteur zu Gast.

Zuletzt ging es auch um Sportschützen in Rheinberg und Hamminkeln-Brünen. Die hatten ihm ihr Leid geklagt, dass Amoktaten zu einer Verschärfung des Waffenrechts geführt hatten. Während ein mutmaßlicher Täter seine Waffen bekommen könne, wo er wolle, hätten die Schießsportvereine nun mit mehr Bürokratie zu kämpfen. Überbordender Verwaltungsaufwand ist für Liberale ohnehin bekanntlich seit Urzeiten ein Reizthema, das allenfalls mit der Steuerlast konkurrieren kann. Also ist der 50-Jährige sofort dabei.

Richtig gern befasst sich Bernd Reuther mit dem Thema Verkehr. Von insgesamt 80 FDP-Abgeordneten sitzen fünf im Verkehrsausschuss. Der Weseler ist einer davon und beackert „die Nordschiene“ – als NRW, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und weitere Gebiete. Er sei schon in jedem großen Hafen und auf jedem Flughafen gewesen – „nicht als Fluggast“, sagt er. Denn Fachthemen könne man nicht vom Schreibtisch aus machen. „Für eine kaputte Schleuse muss ich nicht weit fahren“, sagt Reuther in Anspielung auf den Wesel-Datteln-Kanal, an dessen Eingangstor die Hafengesellschaft Deltaport sitzt. Der Gesellschaft bescheinigt das Deltaport-Aufsichtsratsmitglied, dass „in zehn Jahren in Emmelsum und im Rhein-Lippe-Hafen alles voll“ sein werde. Und er macht keinen Hehl daraus, dass er gern mit NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) aus Rhede im benachbarten Kreis Borken zusammen für Verbesserungen in der Region kämpft.

Seit dem Kommunalwahlkampf 1989, also er noch Schüler des Konrad-Duden-Gymnasiums Wesel war, schnuppert Reuther politische Luft. Was er im aktuellen Rennen um die Mandate vermisst, sind die Podiumsdiskussionen mit Kandidatenrunden. Außerdem fürchtet der Diplom-Politik- und Verwaltungswissenschaftler einen Rückgang der Wahlbeteiligung. Denn davon lebt schließlich die Demokratie. Die Rechnung ist einfach. Gerade im Wahlkreis Wesel I mit nunmehr zehn Kandidaten dürften die ganz kleinen Gruppierungen ihr Klientel prozentual besser mobilisieren können als die Etablierten. So sorgt sich der „eigentlich immer ganz gut“ schlafende Familienvater am ehesten um die Regierungsbildung nach der Wahl. Wird es da eine Möglichkeit für die FDP geben, wieder einmal mitzumischen oder formiert sich eine Regierung links der Mitte? Das würde ihm dann wohl doch den Schlaf rauben.

Der Wahlkreis Wesel I umfasst Alpen, Hamminkeln, Hünxe, Kamp-Lintfort, Rheinberg, Schermbeck, Sonsbeck, Voerde, Wesel und Xanten.

Von Fritz Schubert

 

 

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