„Jetzt ist die beste Zeit für einen Wandel“ RP 14.10.2020

Der Mann der den Humor in die Rheinberger Politik brachte: FDP-Mann Herbert Becker zieht sich zurück. Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )

Herbert Becker war 21 Jahre Fraktionsvorsitzender der FDP im Rheinberger Rat.
Mit 71 Jahren zieht er sich nun aus der Politik zurück.

Eines hat sich Herbert Becker immer geschworen: In seiner Freizeit will er nur Dinge tun, die Spaß machen.
In der Politik ist das nicht immer ganz leicht durchzuhalten.
Aber dem heute 71-jährigen FDP-Anführer aus Alpsray ist etwas gelungen, um das ihn manche Ratsmitglieder beneidet haben dürften: Er beherrscht es, Eloquenz und politische Klugheit, Ruhrpott-Schnoddrigkeit und Offenheit mit einem guten Schuss Humor in Einklang zu bringen. Wann immer Herbert Becker in politischen Sitzungen das Wort ergrifft, fehlten seine augenzwinkernden Kommentare nicht. Und man spürte stets seine Freude an der Sache. Jetzt, nach 21 Jahren Fraktionsvorsitz, soll Schluss damit sein. Becker hat für den neuen Rat nicht mehr kandidiert, weil ihm auch ein anderer Grundsatz heilig ist: „Ich wollte selbst entscheiden, wann ich aufhöre und nicht irgendwann vom Hof gejagt werden“, erzählt er beim Kaffee in seinem schönen Haus am Asternweg.

Dass der Essener Jung mal am Niederrhein landen würden, war keinesfalls klar. „Nach dem Abitur in Essen wollte ich selbstständig werden, wollte mich lösen und bin mit einem Freund zum Studieren nach Köln gezogen.“ Für Wirtschaftswissenschaften schrieb er sich ein – „weil ich reich werden wollte“, wie er, typisch Herbert Becker, gleich hinterher schiebt. Schon bald erfuhr er, dass es Berufskollegs gab und dass dafür Lehrer gebraucht wurden. So nahm er Wirtschaftsgeschichte als zweites Fach dazu und wurde Berufsschullehrer. Eine Entscheidung, die er nie bereut hat.

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Statt nach Köln oder Essen ging es nach Moers
An den Niederrhein

Während der Studienzeit in Köln lernte Herbert Becker seine spätere Frau Renate Galwas aus Brühl kennen, auch sie wurde Lehrerin. „Ich wollte Lehrer in Essen oder Köln werden, aber ich wurde nach Moers geschickt“, erinnert er sich. Und verliebte sich sofort in den Niederrhein. Auch seiner Frau gefiel es hier, auch sie fand eine Stelle in Moers. Das Paar, das eine Tochter hat (sie lebt in Nürnberg),  zog 1979 zunächst nach Millingen, 1987 dann ins eigene Haus nach Alpsray.

In die FDP trat Herbert Becker 1982 ein. „Da bestand noch die sozial-liberale Koalition“, erinnert sich Becker und lässt seine Sympathie für dieses Modell erkennen. Nach dem Bruch und dem Schwenk der Liberalen zur CDU ist er in der Partei geblieben. „Mit hat der liberale Gedanke immer gefallen. Verantwortung zu übernehmen, nicht immer gleich nach Hilfe zu schreien, möglichst viel selbst zu regeln – das ist für mich FDP-Politik.“ In Rheinberg waren es oftmals die kleinen Dinge, an denen er als erster und zunächst einziger FDP-Ratsherr ab 1999 nach einer langen erfolglosen Durststrecke der Partei von rund 15 Jahren mitwirken konnte. Von 1999 bis 2004 saß er allein für die FDP im Rat, von 2004 bis 2009 kamen zwei Kollegen dazu, von 2009 bis 2014 noch ein vierter Stadtverordneter, ab 2014 waren es wieder nur zwei. Im neuen Rat hat die FDP, die inzwischen mehr als 40 Mitglieder im Ortsverband hat, vier Mandate.

„Ich habe viel über Politik, viel über Menschen und viel fürs Leben gelernt in den 21 Jahren im Rat“, betont der frühere Ruderer, der mal Westdeutscher Meister im Vierer in der Schülerklasse war. Er sei immer ein Teamplayer gewesen. Becker: „Ich habe stets mit offenen Karten gespielt, habe innerhalb meiner Partei immer alles transparent gemacht und freue mich, dass ich die eine oder andere Sache in Rheinberg mit anschieben konnte.“ Wer Politik macht, so eine andere Überzeugung des 71-Jährigen, sollte auch Niederlagen einstecken können und eines nie vergessen: „Demokratie ist, wenn man eine Stimme mehr hat.“

Jetzt legt Herbert Becker alle Parteiämter nieder und macht Schluss. Aus freien Stücken und von niemandem gedrängt. Die freie Zeit will er in Haus, Garten, Fitness und Reisen investieren. Fehlen werde ihm nichts, versichert er. „Wir haben viele junge Leute in der FDP. Der richtige Zeitpunkt für einen Wandel.“ Seinen Humor, da darf man sicher sein, wird er sich bewahren.

Von: Uwe Plien

 

 

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