Ständiges Lüften stört den Unterricht in Rheinberg RP 09.10.2020

Der Rheinberger Rat hat die Verwaltung beauftragt, die Kosten für technische Raumluftsyteme zu ermitteln.
Denn Politik möchte trotz der Infektionsrisiken auch in der kalten Jahreszeit für angenehmes Lernklima an Schulen sorgen.

Corona, die unsichtbare Gefahr, schwebt derzeit über allem. Bedrohlicher fast als noch zu Anfang der Pandemie.
Am Amplonius-Gymnasium ist sie in dieser Woche greifbar geworden.
Zwei Schüler sind Covid-19-positiv getestet worden. Eine ganze Jahrgangsstufe wurde zwangsläufig vorzeitig in die Herbstferien geschickt, die haben am Freitag begonnen. Doch schon jetzt ist klar, dass mit Unterrichtsbeginn nach den zwei Wochen in den Schulen der eigentliche Stresstest erst bevor steht.

Masken sind ein Thema, Abstand und Hygiene. Aber eine Maßnahme soll besonders helfen, das Infektionsrisiko in den Klassenräumen gering zu halten: regelmäßiges Lüften. Doch das könnte sich bei Regen und Sturm, noch mehr bei abstürzenden Quecksilbersäulen als ernstes pädagogisches Problem erweisen. Darüber sorgte sich die FDP im Rat der Stadt Rheinberg. Der hat daraufhin in dieser Woche die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob Raumluftreinigungssysteme oder sogenannte CO2-Ampeln tauglich sind, in diesen so schwierigen Zeiten für ein angenehmes Raumklima zu sorgen. Und da wären dann noch die Kosten.

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Saubere Luft kann sehr teuer werden

Effektiv Laut Uni der Bundeswehr München stellen Raumluftreiniger eine Technik dar, um in Schulen die indirekte Infektionsgefahr „stark zu verringern“.

Kosten Die Miete für ein Gerät betrage 75 Euro pro Monat, bei 280 Räumen in Rheinbergs Schulen 252.000 Euro im Jahr.

Es sei zwar richtig und gut, regelmäßig die Fenster zu öffnen, um für Frischluftzufuhr in Klassenräumen zu sorgen, und das gerade jetzt, sagte der scheidende FDP-Fraktionschef Herbert Becker, pensionierter Pädagoge. Aus Erfahrung aber wisse er, dass das in der nun beginnenden kalten Jahreszeit zum ernsthaften Störfall für den Lernfortschritt auswachsen kann. Es sei Schülern und auch Lehrern kaum zuzumuten, in dicken Jacken, mit Mützen und Schals ihr Lernpensum zu bewältigen. Da brauche es andere, technisch unterstützte Lösungen. Nachbarkommunen würden’s in ihren Schulen bereits vormachen.

Dieter Paus, Technischer Beigeordneter im Stadthaus, bekräftigte, dass keine Heizung im Winter bei zweimaligem Stoßlüften während einer Unterrichtstunde für ein wohliges Lernklima sorgen könne. Das anzunehmen, wäre „illusorisch“. Das nimmt auch die CDU nicht an. Ihr Fraktionssprecher Erich Weisser hält die Suche nach alternativen Lösungen für geboten. Luise Theile von den Grünen berichte davon, dass die Genossenschaft Schwarzer Adler Aerosolfilter beschafft habe, die in OP-Sälen erprobt seien. Kosten: 1500 Euro pro Stück.

Die kleine CO2-Ampel, die Hausmeister Josef Böckling schon vor drei Jahren mal für die Außenstelle der Europaschule am Pulverturm angeschafft hat, hat nur 65 Euro gekostet, so der Hausmeister. Und sie tue gute Dienste, auch wenn sie das Lüften nicht erübrigt. Sie wird jede Woche einer anderen Klasse zur Verfügung gestellt, damit „die Lehrer ein Gefühl dafür bekommen, wann die Luft verbraucht ist“. Je nach CO2-Konzentration schalte das handliche Gerät von Grün über Gelb auf Rot – Alarmstufe Luft.

„Das ist eine gute Sache“, lobt Martin Reichert, neuer Leiter der Europaschule. Am Hauptstandort stünden alle Türen offen und alle Fenster auf Kipp, um die Infektionsgefahr niedrig zu halten. „Aber das wird nach den Ferien wohl zu kalt werden“, sagt er. Doch bei technischen Alternativen bleibt er skeptisch. „Luftreiniger wie sie zum Beispiel Neuklirchen-Vluyn mit einem örtlichen Unternehmen einsetzt, wären sicher ein gute Sache“, so der Schulleiter, „aber das wird vermutlich an den Kosten scheitern.“

So werde es wohl dabei bleiben, trotz Kälte die Fenster alle 20 Minuten aufzureißen, wie’s vorgeschrieben ist. Da nun mal die Gesundheit der Schüler das Maß allen pädagogischen Handelns sei, gebe die Schule Eltern und Kindern per Newsletter mit auf dem Weg, nach den Ferien „im Zwiebellook“ zur Schule zu kommen – das heißt, sich möglichst warm anzuziehen.

Die Verwaltung wird nun Angebote einholen und dem neuen Rat in seiner ersten Sitzung einen Vorschlag unterbreiten.

 

 

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