Mehr Jugend für Politik begeistern, RP vom 15.12.2020

Die beiden Ratsmitglieder Niels Awater (l./20 Jahre) von den Grünen und Elias Sentob (19) von der FDP machen aktiv Politik in Rheinberg. RP-Foto: Fischer Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )

Niels Awater (Grüne) und Elias Sentob (FDP) haben die Bewerbung für das Projekt „Jugend entscheidet“ initiiert. Es unterstützt Kommunen, die Jugendliche an die Politik heranführen wollen.

Das will auch Rheinberg. Die Tatsache, dass ausgerechnet die Grünen und die FDP einen gemeinsamen Antrag gestellt haben, ist schon verwunderlich genug. Denn normalerweise haben die beiden Parteien doch sehr unterschiedliche Vorstellungen von Politik. In dem Fall aber ziehen die beiden jüngsten Rheinberger Ratsmitglieder an einem Strang. Der 20-jährige Niels Awater (Grüne) und der 19-jährige Elias Sentob (FDP) sind auf das Programm „Jugend entscheidet“ der Hertie-Stiftung gestoßen. Und haben ordentlich Dampf gemacht. Denn die Bewerbung für die Teilnahme musste bis zum 4. Dezember vorliegen. Das hat schon mal geklappt. Nun heißt es: abwarten und Daumen drücken.

Das Projekt „Jugend entscheidet“ unterstützt Kommunen, die Jugendliche an die Politik heranführen wollen. Das will auch Rheinberg. Wie Dietmar Heyde, inzwischen zum Bürgermeister gewählt, hatten auch andere Politiker im Kommunalwahlkampf angekündigt, einen Jugendausschuss oder ein Jugendparlament ins Leben rufen zu wollen. Denn junge Leute sollen und wollen stärker in öffentliche Diskussionen eingebunden werden, wollen mitwirken und mitentscheiden.

Info

Georg Karg und die Hertie-Stiftung

Ursprünge Die Hertie-Stiftung baut auf dem Lebenswerk des 1972 verstorbenen Georg Karg, Inhaber der Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH, auf. Mit ihrem Vermögen von einer Milliarde Euro gehört sie zu den größten privaten Stiftungen in Deutschland.

So beschreibt die Hertie-Stiftung den Ist-Zustand: „Derzeit werden Jugendliche kaum durch politische Parteien erreicht. Im Projekt beraten sie daher nicht nur, sondern entscheiden. Das gelingt mit einem neu entwickelten, professionell moderierten Prozess, der Module wie ,Themenwahl’ und ,öffentliche Ratssitzung’ vorsieht. Jugendliche lernen dabei mit kreativen Methoden, wie Demokratie und Kommunalpolitik funktionieren, aber auch, dass sie politisch wirksam sein können, wenn sie sich aktiv beteiligen.“ Gleichzeitig, so die Stiftung, stiegen ihr Verständnis und ihre Wertschätzung für Kommunalpolitik, während Kommunalpolitikern durch das Projekt nähergebracht werde, was Jugendliche wollten. Dadurch werde die lokale Demokratie gestärkt.

Bewerben konnten sich Städte und Gemeinden mit bis zu 100.000 Einwohnern. Wer für das Projekt ausgewählt wird, wird von Profis unterstützt. Gleichzeitig werden die Teilnehmenden vom Kooperationspartner und Verein „Politik zum Anfassen“ hinsichtlich der Entscheidungsfindung gefördert.

Die Formel lautet: Wenn Jugendliche spüren, dass ihre Sichtweisen ernstgenommen werden, wächst deren Interesse an Kommunalpolitik. Das Projekt selber bietet der Kommune ein mehrteiliges Beteiligungsverfahren. Dies setzt sich aus Auftakttreffen, Themenwahl und öffentlichen Ratssitzungen zusammen. Darüber hinaus wird die kostenlos und datensichere App „Place Me“ zur Verfügung gestellt. Weitergehend sind jährliche Vernetzungstreffen für alle Teilnehmer geplant, um einen gegenseitigen Austausch zu ermöglichen. Schließlich erhält jede teilnehmende Kommune einen Sachkostenzuschuss in Höhe von 5000 Euro, um lokale Veranstaltungen innerhalb des Projektes finanzieren zu können.

Bewerbungsvoraussetzung für „Jugend entscheidet“ war hauptsächlich die Bereitschaft und der Wunsch der Kommune, Jugendliche in Entscheidungsprozesse einzubinden und konkrete Entscheidungen an diese abzugeben. Zudem war von Seiten der Kommune ein Ansprechpartner aus der Stadtverwaltung zu benennen, der die Projektkoordination und Verwaltungsorganisation verantwortet. In Rheinberg soll dies Azra Zürn, Fachbereichsleitung Jugend und Soziales, sein.

Rheinberg hat sich mit einem flotten Videoclip beworben, das Niels Awater und Elias Sentob gedreht und bearbeitet haben. Darin erläutert Azra Zürn und Bürgermeister Dietmar Heyde, warum sie Rheinberg gerne im Projekt „Jugend entscheidet“ sähen.

Svenja Reinert, Grünen-Fraktionschefin im Rat, hält das Thema für „ganz wichtig“. „Wir Grünen sind schon einen kleinen Schritt in die richtige Richtung gegangen, indem wir unsere Ausschüsse mit jüngeren Leuten besetzt haben“, sagt sie. „Wir hoffen, dass wir diesen frischen Wind jetzt mitnehmen können.“

Ralf Vogel von der FDP hat sich das Programm von „Jugend entscheidet“ angeschaut und für gut befunden. „Ich finde es auch schön, dass wir den Antrag zusammen mit den Grünen gestellt haben“, so Vogel. Elias Sentob war auf das Programm der Hertie-Stiftung gestoßen. „Er hat mich sofort angerufen und hat gesagt: Das ist doch genau das, was wir wollen“, erzählt sein grüner Ratskollege Niels Awater.

Von Uwe Plien

 

 

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